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KARPATHOS 1990
Ein Reisebericht mit Tipps und Hinweisen für künftige
Karpathosbesucher.
Diesmal haben wir nur einen Flug, ohne Hotelarrangement gebucht.
Der Abflug mit Lauda-Air war am 16.5.90 schon um 4 Uhr früh.
Das ist sogar für mich schon sehr zeitig. Die AUA wäre
auch nach Karpathos geflogen, sogar zu einer etwas christlicheren
Zeit, aber hat im Mai noch kein "flight only" angeboten.
Die sonstigen Unterschiede: Lauda fliegt Wien-Karpathos-Rhodos-Wien,
AUA Wien-Kreta(Chania)-Karpathos-Wien. Flugpreis: 5300.--(Lauda),5700.--(AUA).
In Karpathos angekommen fahren wir zuerst mit dem Lauda-Bus in
die Hauptstadt(Pigadia), von dort mit dem Taxi nach Lefkos. Für
30-40 km Fahrt zahlen wir 5000 Drachmen, das sind bei einem Wechselkurs
von 100S=136DRS rund 450S.
Lefkos liegt an der Westküste der Insel und ist eigentlich
gar kein Ort. Es gibt nur einen Schotterweg dorthin, fast keine
Autos, keine öffentlichen Einrichtungen, nicht einmal Telefon
oder einen Briefkasten. Kein Geschäft, weder Souvenirs noch
Lebensmittel oder Zigaretten kann man kaufen. Nie stehen mehr
als drei Häuser beisammen (heute noch). Insgesamt gibt es
vier Tavernen (verstreut), davon zwei im "Zentrum".
Die Zahl der Fremdenzimmer beträgt derzeit 36(!). Es ist
daher nicht verwunderlich, daß in den Tavernen jeweils nur
eine Mahlzeit (natürlich meist mehrere Tage hintereinander
die gleiche) angeboten wird. Als Neuling glaubt man, daß
durch einen Wechsel des Lokals eine gewisse Abwechslung im Speiseplan
erzielbar wäre. Tatsächlich ist es so, daß dann
drei Tavernen Kotelett oder drei Tavernen Fleischklößchen
anbieten. Als Preis für die Einsamkeit muß man dann
eben 3x hintereinander "meat balls" essen.
Apropos Kosten: Lefkos ist relativ teuer. Im "ersten Haus
am Platz" (Krinos) bezahlen wir 3800DRS für ein Zweibettzimmer
(griechische Nächtigungspreise verstehen sich immer pro Zimmer
und nicht pro Person) mit Frühstück.(3300 ohne Frühstück).
Dafür gibt es, was in dieser Einöde eigentlich nicht
zu erwarten war, sogar ein gekacheltes Bad.
Die Strände sind hier wunderschön: Es gibt insgesamt
vier. Der erste ist ein Strand mit runden Steinen bzw. Kies; drei
davon liegen so praktisch nebeneinander, mit extrem kurzen Fußwegen
dazwischen, daß sie selbst ein genialer Architekt nicht
besser entwerfen hätte können. Der erste Strand, wenn
man Pigadia kommt ist ein reiner Sandstrand, eine große
Bucht die sich bis zu den beiden Tavernen erstreckt, die das "Zentrum"
von Lefkos bilden. Gleich nach den Tavernen beschließen
einige malerische Felsen die Bucht. Vor den Tavernen liegt ein
kleiner Bootssteg. Auf der anderen Seite der Tavernen liegt die
nächste, etwas kleinere Bucht mit Kiesstrand und teilweise
mit Steinplatten. In dieser und in der nächsten, wieder durch
malerische Felsen und Inselchen getrennte Bucht ist es schon so
einsam (wenige Meter von den Tavernen entfernt), daß meist
nackt gebadet wird. Obwohl auf einer Hausmauer die Parole "NO
NUDISM" aufgemalt ist.
Wir verbringen eine ganze Woche in Lefkos um endlich zur Gänze
"abzuschalten". Unser bevorzugter Strand ist der dritte,
größte Strand, der mit grobkörnigem Kies und kleinen
runden Steinen versehen ist. Wir nutzen eine Steinplatte auf der
man bequem in der Sonne liegen kann.
Tagsüber ist die Luft warm - trotz der frühen Jahreszeit.
Zwei Tage lang stört ein kräftiger etwas kühler
Wind die Idylle.
Die Abende sind kühl. Pullover und Jacke sind unbedingt erforderlich,
wenn man hier an der dem Wind ausgesetten Westseite der Insel
im Freien sitzen und griechischen Wein genießen will. Auch
das Wasser ist um einiges zu kalt (Schätzung: 19O). Die Umweltverschmutzung
hat auch vor diesem von der Zivilisation so weit entfernten Strand
nicht haltgemacht und beschert uns - in dem übrigens sehr
klaren und fischreichen Wasser (herrlich zu schnorcheln) Quallen
und Teerkügelchen. Letztere sehen wie schwarze Steine aus,
wenn man sie aber in die Hand nimmt und etwas drückt, lassen
sie sich kneten - wie Plastilin. So wie andere Leute Muscheln
sammeln, so sammle ich diese schwarzen Steine in einem kleinen
Felstrichter (=unangemeldete Teerdeponie).
Nachdem wir uns ausreichend erholt haben wollen wir weiter nach
Olimbos. Aber es gibt - natürlich - weder Auto- noch Motorradverleih.
Also bleibt nur das Taxi. Wir wollen mit einem Taxi das neue Gäste
vom Flughafen gebracht hat weiterfahren (36 km ) doch der Taxifahrer
hat kein Interesse 8000 DRS zu verdienen und ist nur bereit uns
nach Pigadia zurückzubringen (Genau die falsche Richtung).
Obwohl die neu angekommenen Gäste schon die Hin- und Rückfahrt
bezahlt haben müssen wir nochmals 5000 DRS bezahlen. Am Ende
der Welt ist man diesen Schlitzohren ausgeliefert! ("Knirsch")
Zur Ehrenrettung der Griechen sei gesagt, daß Zimmervermieter,
Gastwirte, Händler und selbstverständlich die ländliche
Bevölkerung grundehrliche Menschen sind, die nichts stehlen
und auch ihre Kunden nicht übervorteilen.
Also zurück in die Hauptstadt. Eine Nacht in einem kleinen
Zimmer (2000 DRS) ohne Bad. (Bei der Zimmersuche habe ich mir
extra Zeit gelassen und ignoriert, daß der Taxifahrer die
Koffer schon auf die Straße gestellt hat, bevor wir überhaupt
wußten, ob ein Zimmer frei ist. Er hat gekocht vor Wut,
weil er ein ankommendes Flugzeug mit neuen lukrativen Fahraufträgen
dadurch wahrscheinlich versäumt hat. Kleine, süße
Rache.)
Am nächsten Morgen fahren wir mit einem Ausflugsboot, bei
hohem Seegang nach Diafani(1000 DRS einfach pro Person). Von diesem
Ort aus sind es nur wenige Kilometer nach Olimbos. Wir fahren
mit einem Kleinbus (500 DRS pro Person) die steile, kurvenreiche
und nicht asphaltierte Straße hinauf.
Schon aus der Ferne bietet sich uns ein herrlicher Anblick. Olimbos
ist sicher der sehenswerteste Ort auf Karpathos. Leuchtend weiße,
teilweise auch blaue oder gelbe Häuser "kleben"
an den schroffen Felsen. Ein wunderbarer Kontrast zum strahlend
blauen Himmel. Postkartenwetter. Am Ortsbeginn muß man austeigen,
weil es in diesem Dorf keine einzige befahrbare Straße gibt.
Nur Stiegen und für Autos zu schmale Gassen. Die Frauen gehen
noch in ihren alten Trachten durch den Ort. Mehrmals kann man
die getrennt von den Häusern errichteten Backöfen in
Betrieb sehen. Alte Frauen in Tracht backen dort Brot. Nicht als
Touristenattraktion, sondern wirklich (Touristen gibt es nicht
allzu viele). Von den zahlreichen Windmühlen, die die Bergkämme
früher gesäumt haben sind nur noch zwei in Betrieb,
die anderen sind teilweise verfallen oder zu Häusern umgebaut.
Leider sind viele Häuser unbewohnt und entsprechend heruntergekommen.
Im Ort sieht man großteils alte Menschen und Kinder. Die
Jugend scheint fortgezogen zu sein.
Wir haben den Ort von der Ostseite betreten und sind auf den Bergrücken
(Zentrum der Stadt) hinaufgegangen. Von dort bietet sich ein herrlicher
Blick auf die Westküste. Die Lage der Stadt erinnert stark
an Thira oder Oia auf Santorin. Es ist nur ursprünglicher
hier, weniger touristisch.
Das bemerken wir auch an den angebotenen Zimmern. Selbst im besten
"Hotel" gibt es nur Zimmer ohne Wasser (Dusche einen
Stock tiefer und nur über die Terasse erreichbar). Zum Ausgleich
kann man in einem schattigen Garten auf dem Dach essen und die
einzigartige Stimmung genießen. Da die wenigen Touristen
nur für wenige Stunden auf Besuch kommen haben wir am Abend
den Ort mit den Einheimischen praktisch allein.
Am nächsten Morgen lassen wir uns wieder nach Diafani hinunterfahren
und suchen uns wieder ein Zimmer mit "private bathroom".
Davon gibt es auch hier nicht viele, wir finden aber ein sehr
sauberes ("Meltemi" 2830 DRS).
Wir bleiben drei Tage bzw, zwei Nächte. Die kulinarischen
Genüsse in diesem Ort sind nicht gerade umwerfend. Es gibt
nur zwei Gaststätten am Hafen (obwohl der Ort um einiges
größer als zB. Lefkos ist). Das Essen schmeckt in beiden
Lokalen alt und ist lieblos gekocht. Besonders schlimm ist "Mayflower",
wo zwar mit vielen bunten Flaggen Internationalität vorgetäuscht
wird, der Wirt aber mühelos auf einem Teller rohe und verbrannte,
jedenfalls aber ausgekühlte Pommes frites zu servieren vermag.
Im Norden des Städtchens gibt es allerdings einen wunderschönen
Strand.("Vananda Beach"). Zu Fuß sind es laut
Tafel am Hafen 10 Minuten, die man gehen muß, Realisten
haben diese Tafel auf 20 bzw. 30 Minuten korrigiert. 30 Minuten
stimmt auch. Der übrigens sehr schöne Waldweg zur Bucht
lohnt sich: Glatte Steine, münz- bis handtellergroß.
Zwei schattenspendende Bäume. Viele Fische. Keine(fast) Menschen.
Malerische Felsen neben und im Wasser (Vorsicht: unter Wasser
sind die Steine oft überwachsen und glitschig, ins Wasser
zu kommen ist für alte Leute und kleine Kinder sicher problematisch;
Seeigel erst außerhalb der begehbaren Zone - glücklicherweise).
Sehr hübsch auch die direkt neben dem Strand stehende typisch
griechische (weiß mit blauen Fenstern und Türe) Kapelle.
Weniger angenehm die Fliegen, die uns dauernd umschwirren. Frech
setzen sie sich auf die Lippen, unter die Augengläser etc.
Berichten von Stammgästen zufolge war das voriges Jahr nicht
so schlimm. Damals sollen die Heuschrecken die Urlauber sekkiert
haben. Was uns noch zu schaffen macht: Die Hitzewelle, die jetzt
plötzlich eingesetzt hat(Angeblich auch auf der Westküste).
Vor allem in der Nacht ist es schlimm, kein Luftzug regt sich,
die schwüle Hitze steht im Raum. Ach wie angenehm waren doch
die windigen Tage.
Die Rückfahrt nach Pigadia bei ruhiger See dauert nur 1 Stunde
30 Minuten (Hinfahrt über 2 Stunden). Wir finden auch ein
schönes Appartement ("Blue Sky") für nur 3300
DRS - Schlafzimmer, Badezimmer, schönes großes Wohnzimmer.
Endlich wieder ordentliches Essen. Speisekarten mit entsprechender
Auswahl. Typisch griechische Gerichte(bisher hatten wir kein einziges
Mal Souvlaki). Gerne nehmen wir den Lärm und die vielen Touristen
wieder in Kauf. Die Zivilisation hat uns wieder.
Am nächsten Tag geht es mit dem Moped nach Achata Beach.
(Tagesmiete 2500 DRS) Trotz Berggang kommen wir nur mit Mühe
auf den Berg bei Aperi. 50 PS sind doch zu wenig für diese
gebirgige Gegend und für zwei nicht gerade spindeldürre
Urlauber. Die Weiterfahrt führt uns durch ein wunderschönes
Tal, voll von Oleanderbüschen, der Weg - Straße wäre
geschmeichelt - liegt tief zwischen schroffen Berghängen
und senkt sich teils sanft teils steil zum Meer. Die Badebucht
gehört bis mittags uns ganz allein. Kies- und Steinstrand.
Klares Wasser. Leider plagen uns auch hier die Fliegen.
Den letzten Tag verbringen wir in dem wenige Kilometer südlich
der Hauptstadt gelegenen Amopi. Eine recht schöne Hotelsiedlung.
Drei Strände. Der mittlere ein Sandstrand mit Sonnenschirmen
und Liegebetten (Marke Caorle). Der linke, etwas kleinere weniger
bevölkert. Der rechte (Kies-) Strand großteils von
nahtlosbraunen Urlaubern bevölkert. Zwischen Strand 2 und
3 auch eine griechische Kapelle. Felsen, Inselchen und klares
Wasser machen auch diesen Ort (noch) zu einem hübschen Urlaubsort.
Übrigens der einzige aus den Reiseprospekten den ich empfehlen
würde. (Eigenartigerweise bieten die Reiseveranstalter vorwiegend
die Hauptstadt Pigadia an, deren Strände im Rücken die
einzige Hauptstraße und gegenüber einen Blick auf den
Hafen bieten).
Bei der Rückfahrt mit dem Taxi zeigt sich wieder die Taxikamarilla:
Wenn zwei Paare gemeinsam ein Taxi benützen müssen sie
doppelt bezahlen.(hier eher billig: 2 x 600 DRS)
Leider war das der letzte Tag unseres nur 2-wöchigen Urlaubs.
Morgen Mittag werden wir bereits im kühlen Wien sein und
übermorgen wartet sicher schon ein Berg Arbeit auf uns.
Dann ist der Faulenzerurlaub wirklich zu Ende.
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DerNachdenker